Befragung Frau Preiß vom 17.11.2011

Anna Preiß, geb. Becke
geb. 17.01.1920
in Bischofferode

Frau Preiß verbrachte ihre Kindheit in Bischofferode. Durch ihre Lehrerin, Frau Senge, eine Verwandte der Familie Senge, ehemalige Bäckerei in Uder, wurde sie als Lehrmädchen an Familie Löffler vermittelt. Dort erlernte sie den Beruf einer Verkäuferin, den sie von 1934 – 1939 ausübte. Familie Löffler besaß ein Textilgeschäft gegenüber der Bäckerei Senge an der Hauptstraße (heute Straße der Einheit 57).

In diesem Geschäft arbeitete auch mein späterer Ehemann Michael Preiß als Sattlergeselle. Er legte am 24.04.1934 in Mühlhausen seine Meisterprüfung ab und eröffnete sein eigenes Geschäft im Hause von Familie Löffler.

Am 3.09.1939 wurde geheiratet. Wir befürchteten, dass mein Mann eingezogen würde zum Kriegsdienst. Das geschah aber erst am 16.09.1940, weil mein Mann freigestellt wurde zur Herstellung von Seitengewehrtaschen für die Wehrmacht.

Unsere erste Tochter wurde 1940 geboren.

Mein Mann war nach Ende des Krieges erst in Amerika und dann in England in Gefangenschaft. Am Allerheiligentag 1947 kam mein Mann nach Hause. Er meldete sein Geschäft als Sattler und Rollobauer an und wir arbeiteten und wohnten weiterhin im Hause der Familie Löffler (jetzt: Straße der Einheit 57). Unsere zweite Tochter wurde 1948 geboren.

Aus den vorhandenen Unterlagen geht hervor, dass die Vorbesitzer des Knorrschen Hauses die Eltern meiner Schwiegermutter waren. Sie hießen Ludolph. Vater meiner Schwiegermutter war der Arbeiter und Bahnwärter Franz Ludolph. Weitere Daten zu den Eheleuten Ludolph sind nicht bekannt.

Meine Schwiegereltern Johannes und Anna Preiß geb. Ludolph heirateten am 25.04.1908 in Uder und wohnten in der Kirchgasse 4.

Johannes Preis              12.02.1881 – 12.06.1960 (Thalwenden/Uder)

Mein Schwiegervater stammte aus Thalwenden und war von Beruf Tischler. Durch eine Kriegsverletzung im Ersten Weltkrieg (Verletzung eines Armes und einen Durchschuß im Gesicht) konnte er seinen Beruf nicht mehr ausüben. Er arbeitete dann bis zu seiner Pensionierung in Uder als Postbote.

Anna Preiß geb. Ludolph       07.01.1885 – 29.09.1950 (Uder/Uder)

Meine Schwiegermutter war Hausfrau. Sie starb am 29.09.1950 ganz plötzlich an den Folgen eines Schlaganfalls.

Meine Schwiegereltern hatten 8 Kinder.

1. Maria                        08.08.1908 – 06.11.1931

2. Michael                     21.01.1910 – 17.04.1995 mein Ehemann

3. Franz                         08.10.1911 –  18.06.1938 verunglückt

4. Josef                           25.05.1914 – 05.03.1920

5. Sebastian                  23.08.1916 – 21.10.1992

6. Ferdinand                 25.11.1919 – 27.04.1944 gefallen

7. Katharina                 24.03.1927 – 19.08.1992

8. Walter                       19.06.1928 – 26.03.2007

Nach dem Tod meiner Schwiegermutter zogen wir in die Kirchgasse, um den Schwiegervater zu versorgen. Aus den Erzählungen meiner Schwiegereltern kenne ich folgendes:

Im Ort gab es mehrere Familien gleichen Namens. Unsere Familie unterschied sich, in dem man sagte: Ach, ihr wohnt bei „Anna in der Farbe“. Wir vermuten, dass in unserem Haus einmal eine Färberei war. Das wäre durch die Quelle des Kessenborns denkbar. Mein Schwiegervater erzählte oft, dass während des Kirchenneubaus, zu Beginn des vorigen Jahrhunderts, die führenden Bauleute ihr Baubüro in unserem Haus hatten. Später, als ich den Haushalt führte, hatten wir den Orgelbauer in Pension.

Das Grundstück links neben dem Haus wurde als Brunnenstube bezeichnet. Dort entsprang der Kessenborn. Er war für alle Bewohner zur Versorgung mit Trinkwasser frei zugänglich, weil es in Uder noch keine Wasserleitung gab. Die Quelle war von Eichenbäumen umgeben und einigen Sandsteinen, die als Sitzgelegenheit dienten und die Nutzung der Quelle als Viehtränke verhindern sollten.

Während der Amtszeit von Bürgermeister Goldmann wurde der Kessenborn 1940 verrohrt.

Als wir in die Kirchgasse zogen, verlegten wir auch unseren Handwerksbetrieb auf dieses Grundstück. Die Ziegenställe wurden abgerissen, um Platz für die Werkstatt zu schaffen. Es begann eine Zeit des ständigen Um- und Ausbaus, um das Haus unseren Bedürfnissen anzupassen. Der wieder entdeckte Brunnen innerhalb des Hauses befand sich unter unserem ehemaligen Schlafzimmer. Wir wußten davon nichts. Außerdem hatte unser Haus eine andere Farbe. Ursprünglich waren die Balken grün/blau und die Fächer (beige ?) gestrichen. Der heutige Anstrich stammt noch vom Malermeister Baumgarten aus Uder.

Unsere Tochter Wilma errichtete mit ihrem Ehemann Werner von 1977 – 1979 einen Neubau auf dem zum Haus gehörenden Grundstück. Mein Ehemann hat mit Eintritt ins Rentenalter 1975 sein Geschäft abgegeben. Es wurde übernommen von der Firma Liese in Thalwenden.

Das alte Haus wurde vermietet an den Orthopädischen Schuhmachermeister Simon von Heiligenstadt bis Ende 2000 und diente als Lagerraum. Nach der Wende gab es zwei Besitzer, denen der Erhalt des Hauses mißlang.

Am 28.12.2000 verkauften wir das Knorrsche Haus an Stephan Mahle (geb. 10.09.1974) aus Wüstheuterode.







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